Erstveröffentlichung
Lucas Cranach (d. Ä.?)
Argula von Grumbach
Da sich dieses Weibliche Bildnis von Lucas Cranach um 1980 und danach im Kunsthandel befand, hat es wenig von sich reden gemacht und ist daher auch nicht farbig reproduzierbar. Bisher ist nicht einmal fachlich geklärt, ob Vater oder Sohn Cranach der Urheber war und wie es zu datieren ist. Im Standardwerk von Friedländer/Rosenberg, dem bisherigen Oeuvreverzeichnis von Cranach, wird es als Nr. 420 geführt und mit ca.1540 datiert. Als Standort wird dort noch Galerie Nathan, Zürich, angegeben.
Das mit 85 x 56 cm stattliche Halbportrait in Öl auf Holz zeigt eine wertvoll gekleidete Dame mit hochgeschlagenem Kragen. Ihr reicher Schmuck besteht aus zwei Ketten mit Anhänger und einer Brosche. Auf dem Kopf trägt sie eine Netzkappe und darüber in Schräglage ein dunkles Barett. Außerdem trägt sie drei Ringe - ein Hinweis auf mehrfachen Grundbesitz.
Ganz besonders auffallend an ihr ist eine Perlenstickerei. Deutlich erkennbar sind ein verziertes A und ein schlichtes G. Doch trotz dieses deutlichen Hinweises konnte die Identität bisher nicht aufgelöst werden. Eine Überprüfung des Namenregisters der Biographie des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen, bei dem Lucas Cranach d. Ä. Hofmaler war, machte es möglich, einen wenig bekannten Namen zutage zu fördern, der offensichtlich der passende für die Porträtierte ist: Argula von Grumbach. Wer war diese Dame?
Argula wurde als Tochter des Reichsfreiherrn Bernhardin von Stauff und seiner Frau Katharina um 1492 auf der Burg Ehrenfels in Beratzhausen/Niederbayern geboren und starb 1568. Ihr Vater war als Ministeriale Hauptmann von Landshut beim bayerischen Herzog Albrecht IV., der in München residierte. So wurde die Tochter als Hoffräulein nach München zur Herzogin Kunigunde (von Österreich) gegeben. Diese gebildete Frau, Schwester Kaiser Maximilians, sorgte sich auch um eine gute Bildung ihres Hoffräuleins.
1516 heiratete Argula den fränkischen Ritter Friedrich von Grumbach, der als Ministeriale für die bayerischen Herzöge in Markt Dietfurt an der Altmühl amtierte. Das Stadtschloß der Familie Grumbach steht in Rimpar (Kanton Gebürg, Umfeld Bamberg). Die beiden hatten vier Kinder. Leider gibt es kein Portrait des Mannes, oder das Seitenstück zum Portrait von Argula ist verloren gegangen. Friedrich von Grumbach ist nicht zu verwechseln mit dem Ritter Wilhelm von Grumbach, der durch die Grumbachschen Händel negative Berühmtheit erlangte und 1563 geächtet wurde (s. Beitrag Amman, Husanus).
Als gescheite und aufmerksame Frau nahm Argula die gesellschaftlichen und konfessionellen Veränderungen im Lande aufmerksam wahr. Dazu besorgte sie sich die aktuellen Streitschriften. Schon 1523 konnte sie von sich sagen, daß sie alle deutschsprachigen Schriften Martin Luthers gelesen habe (in: A. v. Grumbach: Wye ein Christliche frauw des adels. Ingolstadt 1523). Auf Grund derer begann sie mit Luther selbst sowie mit einigen Reformatoren wie Paulus Speratus, Andreas Osiander u.a. zu korrespondieren.
Politisch aktiv wurde Argula von Grumbach im gleichen Jahr, als ein evangelischer Theologiestudent der Universität Wittenberg namens Arsacius Seehofer, der als Magister in Ingolstadt in einen Ketzerprozeß verwickelt und verurteilt, zum Widerruf gezwungen und trotzdem zur Haft ins Kloster Ettal verschleppt wurde. Das damals aktuelle Mittel der Sendschrift als Medium griff Argula von Grumbach auf, obwohl der Herzog 1522 eine scharfe Verordnung dagegen erlassen hatte, über Luther zu disputieren. Sie verfaßte aus diesem Anlaß zwei Flugblätter (eigentlich Briefe an das Rektorat der Universität Ingolstadt), die ohne ihren Auftrag im Buchdruck erschienen mit dem Titel Ain christenlich schrifft ainer Erbarn Frauen vom Adel… Innerhalb von zwei Monaten mußten von der zweiten Schrift zu dem Thema 14 Nachdrucke veranstaltet werden, sosehr traf sie den Nerv der Zeit. Doch diesen Mut hat sie büßen müssen. Ihr Mann verlor das Amt als Statthalter; die Verwandtschaft mißbilligte ihr Tun; die Familie geriet in wirtschaftliche Not. Luther wollte ihr den Rücken stärken und nannte sie in einem Brief »ein einzigartiges Werkzeug Christi« (vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon).
Ihre eigenenTexte waren in der Tat scharfzüngig: »Es ist an der Zeit, aufzustehen vom Schlaf … Das Wort Gottes muß unsere Waffe sein – nicht mit Waffen dreinzuschlagen, sondern den Nächsten zu lieben und Frieden untereinander zu haben. Das ist die Ursach, daß ich hab gewagt, Euer Lieben zu schreiben und zu ermahnen. Es ist Zeit, daß die Steine bei uns schreien«.
Von dem Künstler Hans Schwarz (um 1492 - tätig bis 1532) existiert eine Medaille, allerdings ohne umlaufenden Text, obwohl dieser ursprünglich bestanden haben muß. Diese enthält auf der Rückseite folgenden, offenbar von ihr selbst verfaßten Text: . VERLOGEN . VND . / NEYDISCH . ZVNGEN . / . HAN . MICH . ZV . LEID . VND . / SCHMERCZ . GEDRVUNGEN . / . H . F . , der für sich spricht.
Hier geht es um das Portraitgemälde von Lucas Cranach d. Ä. Es zeigt, wie die Medaille, das von Italien herkommende Schönheitsideal, die ausrasierte Stirn. Aber die bisherige Datierung des Gemäldes erscheint nun zweifelhaft. Von der wertvollen Garderobe her müßte das Bild in die Zeit der Drei Prinzessinnen (um 1530) von Cranach angesetzt werden, da Argula von Grumbach nach 1530, inzwischen verwitwet und verarmt war und so jedenfalls nicht mehr hätte Modell sitzen können. Außerdem spricht die Portraitmedaille von Hans Schwarz, die Argula von Grumbach in weitgehender Übereinstimmung mit dem Erscheinungsbild bei Cranach abbildet und auf die Zeit um 1520 angesetzt wird, sehr stark dafür. Wenn auch das Profil der Medaille zu allgemein gehalten ist, um eine direkte Identität herzustellen, ist doch die bereinstimmung in Garderobe (mit Ketten, Netzkappe und Barett) offensichtlich.
Das damals aktuelle Mittel einer Sendschrift als Medium griff Argula von Grumbach auf, obwohl der Herzog 1522 eine scharfe Verordnung dagegen erlassen hatte, über Luther zu disputieren. Sie verfaßte aus diesem Anlaß zwei Flugblätter (eigentlich Briefe an das Rektorat der Universität Ingolstadt), die ohne ihren Auftrag im Buchdruck erschienen mit dem Titel Ain christenlich schrifft einer Erbarn Frauen vom Adel. Innerhalb von zweio Monaten mußten von der zweiten Schrift zu dem Thema 14 Nachdrucke veranstaltet werden, sosehr traf sie den Nerv der Zeit. Doch diesen Mut hat sie büßen müssen. Ihr Mann verlor das Amt als Statthalter; die Verwandtschaft mißbilligte ihr Tun; die Familie geriet in wirtschaftliche Not. Luther woillte ihr den Rücken stärken und nannte sie in einem Brief »ein einzigartiges Werkzeug Christi«.Der Text des Flugblatts findet sich im Ökumenischen Heiligenlexikon und ist auf der Webseite
<a href='http://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Argula_von_Grumbach.html'>http://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Argula_von_Grumbach.html</a>
nachzulesen.
Hier geht es um das Portraitgemälde von Lucas Cranach d. Ä.. Es zeigt, wie die Medaille, das von Italien herkommende Schönheitsideal der Zeit: die ausrasierte hohe Stirn. Aber die bisherige Datierung des Gemäldes erscheint nun zweifelhaft. Von der wertvollen Garderobe her müßte das Bild zumindest in die Zeit der Drei Prinzessinnen (um 1530) von Cranach angesetzt werden, da Argula von Grumbach nach 1530, inzwischen verwitwet und verarmt war, so ausgestattet jedenfalls nicht mehr hätte Modell sitzen können. Außerdem spricht die Porträtmedaille von Hans Schwarz, die Argula von Grumbach in weitgehender Übereinstimmung mit dem Erscheinungsbild bei Cranach abbildet und auf die Zeit um 1520 angesetzt wird, sehr stark dafür. Wenn auch das Profil der Medaille zu allgemein gehalten ist, um eine direkte Identität herzustellen, so ist doch die Übereinstimmung in Garderobe (mit Ketten, Barett und Netzkappe) offensichtlich. Vor allem das Barett auf der Netzkappe auf der Medaille spricht für ein und dieselbe Person. Eine solche Übereinstimmung von Gemälde und Medaille ist übrigens äußerst selten anzutreffen. Daß Argula von Grumbach mit drei Ringen dargestellt wird, kann bedeuten, daß jeder Ring für eines der Güter des Ehepaars (Burggrumbach, Lenting und Zeilitzheim) steht.
Hier ist nicht der Raum für ein vollständiges Lebensbild der tapferen Frau. Nur soviel: 1530 traf sie sich mit Martin Luther auf der Veste Coburg, und 1533 heiratete sie den Grafen Schlick. Wenn man Bautz (Spalte 372/373) folgt, ist sie »vielleicht identisch mit der alten Staufferin, die 1563 zum zweitenmal in Straubing verhaftet war, weil sie … "die einfältigen und unverständigen Untertanen von Köfering und anderen Orten zum Abfall verursacht und zum Ungehorsam angereizt, unserer alten wahren katholischen Religion widerwärtige und aufrührerische Bücher vorgelesen, sie vom christlichen Gottesdienst abwendig gemacht und zu sich in ihre sektische Winkelschul gezogen habe"«.
Die Courage dieser Frau hat zeitgeschichtlich eine Parallele in der Person von Katherine, duchess of Suffolk (s. Beitrag Holbein, Katherine), die ebenfalls für die Reformation eintrat. Beide wurden deswegen zeitweilig eingekerkert. Nach Argula von Grumbach sind heutzutage Stiftungen und kirchliche Institutionen in Bayern benannt.
© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2014
Literatur
Friedrich Wilhelm Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Bd. 2. Herzberg 1990
de.wikipedia.org/wiki/Argula von Grumbach (12.4.2011)
Max J. Friedländer/Jakob Rosenberg: Die Gemälde von Lucas Cranach. Basel/Boston/Stuttgart 1979 S. 155
Georg Habich: Die deutschen Schaumünzen des XVI. Jahrhunderts. Teil I, 1. München 1972 S. 40 Nr. 240
Gerd Treff: Argula von Grumbach. In: Zwischen altem Glauben und neuer Lehre. Regensburg 2017
Bildnachweise
Max J. Friedländer/Jakob Rosenberg: Die Gemälde von Lucas Cranach. Basel/Boston/Stuttgart 1979
http://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Argula_von_Grumbach.html (21.1.2014)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c4/Argula_von_Grumbach.jpg (21.1.2014)
Georg Habich: Die deutschen Schaumünzen des XVI. Jahrhunderts. 1. Teil. München 1972 S. 40 Nr. 240
siehe auch: CRANACH · 40 Portraits aufgeklärt S. 120