Erstveröffentlichung
Hans Krell (?)
Adalbert von Pernstein
(tsch. Vojtĕch z Pernstejna)

Dennoch handelt es sich um ein imponierendes Portrait, vor allem wegen seiner Ausstattung. Die Garderobe ist wertvoll: Die Schaube ist aus Samt und Brokat kombiniert. Das Hemd weist am Hals eine breite dekorative Borte auf. Das Originellste am Bild ist die unmittelbar darunter ´geflochtene´ Schlange. Unwillkürlich wird man an Piero di Cosimos
Simonetta Vespucci (als Kleopatra) erinnert (Musée Condé, Chantilly). Spielte beim Auftraggeber evtl. ein Italienerlebnis eine Rolle? Die Schlange kommt in der Heraldik selten vor. Sie tritt geringelt auf bei dem ungarischen Geschlecht der Bethlen (s. Siebmacher, Tafel 49); doch da sie dort eine Krone trägt und die Ungarn wohl die Slowakei in ihrem Besitz hatten, aber nie Böhmen, führt diese Spur nicht weiter.
Zur weiteren Ausstattung gehört die ungewöhnlich breite Kopfbedeckung. Sie ist auf der Unterseite mit 14 gleichen, fächerartigen, goldenen Schmuckstücken appliziert. Überhaupt strotzt das Porträt von Reichtum: Jede Hand zeigt zwei Ringe; in der Rechten befindet sich ein Granatapfel wie auf dem Portrait des Grafen Waldeck (s. Beitrag Cranach d. J.: Philipp IV. von Waldeck-Wildungen).
Dieses Attribut könnte auf ein Portrait schließen lassen, das zur Brautwerbung eingesetzt werden sollte, denn der Granatapfel steht für Fruchtbarkeit. Er bedeutet zusätzlich im profanen Bereich Freigebigkeit und Vaterlandsliebe. Von daher wird er auch als Herrschaftssymbol verstanden. Dazu passen würden die auffälligen Schnüre am Gewand, sog. Liebesknoten (s. Beitrag Bartolomeo Veneto, Charles de Bourbon). Da die dargestellte Person jung erscheint (höchstens an die dreißig), stützt diese Feststellung die Annahme des Brautbildes. Nützlicherweise ist das Bild mit römischen Ziffern datiert: MCCCCXXVI (= 1426), wenn auch offensichtlich falsch. Da es stilistisch in die Zeit um 1500 einzuordnen ist, hat der Maler, wohl der römischen Ziffern nicht recht kundig, ein C (= 100) vergessen; richtiger wäre MDXXVI gewesen. Diese Datierung könnte zur Identifizierung verhelfen.
Die erste Frage lautet: Wer war um 1500 in Böhmen und Mähren überdurchschnittlich reich und so gebildet, daß ihm fähige Künstler zur Verfügung standen? Leider fehlt dem Bild eine heraldische Kennzeichnung d.h. ein Familienwappen. Doch die Schlange könnte ein Hinweis sein. In der Zeit gab es jeweils zwei Schlangen (wohl als Klugheitssymbol gewählt) im 2. und 3. Quartier eines (von mehreren) Wappen der Familie namens Pernstein. Bei der Fülle der in Böhmen und

In Südost-Böhmen (Jihlava) im Bezirk Zdar steht die Stammburg Pernstein am Fluß Svratka. »Pernstein zählt zu den großen mährischen Burgen« (Bodo Eberhardt S. 396). Diese gehörte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Wilhelm von Pernstein (Vilém z Pernstejna), dem um die Zeit reichsten Adligen in Böhmen und Mähren. Dafür spricht die aufwendige Architektur, denn der spätgotische Teil der Burg Pernstein war in Marmor ausgeführt. Um 1435 auf Burg Mezirécí geboren, starb Wilhelm 1521 und hinterließ enorme Besitzungen, die bis nach Slowenien reichten. Innerhalb des Landes spielte er eine bedeutende, vorwiegend ausgleichende Rolle und stand in Kontakt zu den Königen von Böhmen und Polen (Vladislav Jagiello) sowie Ungarn (Matthias Corvinus). Dementsprechend wurde seine Burg bzw. Teile davon von konkurrierenden Burgherren des Landes übernommen (Eberhardt S. 403). Gerühmt wird (von Eberhardt S. 447) die großartige Wirkung der Baumassen, die sich in 11 Bauabschnitte untergliedern lassen, wie Prokop mitteilt. An der Südecke des Kernbaus befindet sich ein langer Pallas mit großem Saal im EG aus dem frühen 16. Jahrhundert (Eberhardt S. 449). Leider wurde die Burg Pernstein mitsamt dem Inventar im November 2009 von einem

Die Lebenszeit des Bauherrn Wilhelm von Pernstein spricht jedoch gegen seine Person als Porträtierten; er hatte aber vier Kinder. Sein ältester Sohn hieß Vojtĕch von Pernstein und wurde 1490 geboren. Er erbte alle böhmischen Besitzungen des Vaters, während sein Bruder Johann die mährischen Güter zugesprochen bekam.

Soweit bekannt führte Vojtĕch von Pernstein die vermittelnde Politik des Vaters fort und hing nicht den Hussiten an. Dagegen wurde er bald von Luthers Reform der Kirche angezogen. In dieser Auffassung stimmte er mit seinem Bruder überein. Er trat, wenn auch nicht unkritisch, für den jungen König von Ungarn und Böhmen, Ladislaus bzw. Ludwig II., ein und hatte Kontakte zu den bayerischen Herzögen. Es ist wohl kein Zufall, daß das Portrait dieses Ludwig, das ebenfalls von Hans Krell gemalt wurde (Kunsthistorisches Museum, Wien Nr. 4460), auf dem mit goldenen Applikationen versehenen Barett ebenfalls eine gewundene goldene Schlange enthält. Ludwig fiel 1526 bei Mohács im Kampf gegen die Türken.
© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2022
Literatur
Joachim Bahlcke: Regionalismus und Staatsintegration. Freiburg 1993
Bodo Eberhardt: Der Wehrbau Europas im Mittelalter. II. Stolhamm 1959
Alfred Kohler: Ferdinand I. München 2003
Jaroslav Pešina: Tafelmalerei der späten Gotik und der Renaissance in Böhmen 1450-1550. Prag 1958
August Prokop: Die Markgrafschaft Mähren. Wien 1904
Johann Siebmacher: Die Wappen des blühenden und abgestorbenen Adels. Bd. 4 Abt.13: Der Adel von Ungarn. 1897 ff
Bildnachweis
Jaroslav Pešina: Tafelmalerei der späten Gotik und der Renaissance in Böhmen 1450-1550. Prag 1958 S. Tafel 276
www.zemefilmu.cz/sk/filmova-mista/10083-hrad-pernstejn/ (15.12.2021)
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