Erstveröffentlichung

Bartholomäus Bruyn d. Ä.

Franz Graf Manderscheid-Schleiden

12.31-Franz 240Das von Bartholomäus Bruyn gemalte Bildnis eines bärtigen Mannes mit Handschuhen hing in den vierziger Jahren als Nr. 280 im Wallraf-Richartz-Museum in Köln, wurde aber der Familie Lebenbaum restituiert. Im Oeuvreverzeichnis der Bruyn-Portraits von Westhoff-Krummacher wird es als Nr. 58 verzeichnet (Öl auf Holz, 47 x 33 cm, oben geschweift). Es zeigt einen eleganten Mann mit Vollbart als Halbportrait an einer gemalten Brüstung, auf die er sich mit der Rechten stützt; sie hält einen Brief. Die Linke umfaßt ein Paar helle Handschuhe. Dazu trägt er eine dunkle Schaube und ein weißes Hemd. Über den Schultern liegt als Zeichen des Wohlstands ein Pelzkragen. Auf dem Kopf trägt er ein schräg sitzendes schwarzes Barett. Der Mann macht bei dieser Ausstattung den Eindruck eines weltgewandten Akademikers; er könnte jedoch auch ein Höfling sein.

Hilfreich erweist sich die bei Bruyn häufig vorkommende Zeile mit der Datierung auf 1547 und der Altersangabe (AETATIS SVAE 34) links. In der Vergangenheit führte diese jedoch nicht zu einer Auflösung des Rätsels um die dargestellte Person, die 1513 geboren sein müßte. So wurde auch nach passenden Personen des Geburtsjahres 1514 gesucht, denn bekanntlich deckt sich bei kaum einem Menschen Kalenderjahr und Geburtsjahr. Von daher scheint Franz Graf Manderscheid-Schleiden durch seine Herkunft aus dem Einzugsbereich des Bistums Köln für das Portrait infrage zu kommen.

Dieser Mann kam als zweitgeborener Sohn von Dietrich IV. von Manderscheid-Schleiden und Margarethe von Wied-Runkel zu Welt. Deshalb wurde er frühzeitig für den geistlichen Stand bestimmt d.h. schon mit fünf Jahren Domherr in Köln und Trier. Ihm wurde eine gehobene Ausbildung zuteil. 1527 rückte er in Trier zum Domkellner auf. Aber trotz der bevorzugten Lebensumstände resignierte er 1529, um seiner Familie bei den umfangreichen Arbeiten in der Verwaltung der Manderscheider Territorien zu helfen.

Die edle Garderobe und der selbstbewußte Blick des Dargestellten könnten zu einem Brautbild passen. Die häufig dabei auftretende Nelke fehlt hier zwar, war damals aber auch nicht obligatorisch. In der Öffentlichkeit trat er nicht sonderlich in Erscheinung. Überliefert ist jedoch, daß er nach 1542 dreimal eine Ehe einging; anscheinend wurde keine von ihnen von Bruyn porträtiert. So ist es denkbar, daß er 1547 aus Anlaß seiner letzten Heirat sein Portrait in Auftrag gab. Über seine Todesursache 1548 wird nichts mitgeteilt.

© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2020

Literatur
Elisabeth M. Kloosterhuis: Erasmusjünger als politische Reformer: Humanismusideal und Herrschaftspraxis am Niederrhein im 16. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2006
Hildegard Westhoff-Krummacher: Barthel Bruyn d. Ä. als Bildnismaler. München 1965

Bildnachweis
Hildegard Westhoff-Krummacher: Barthel Bruyn d. Ä. als Bildnismaler. München 1965 S. 160/62 S. 138