Erstveröffentlichung
Hans Mielich
Ottheinrich von der Pfalz
In der John G. Johnson Collection des Philadelphia Museum of Art ist als Nr. 735 ein undatiertes Portrait of a Nobleman (Öl auf Leinwand 96,8 x 87,9 cm. um 1555) enthalten, das einen korpulenten Fürsten mit weißem ´Rauschebart´ vor einem purpurfarbenen Vorhang zeigt. Er trägt einen breiten weißen Fuchs mit Hermelintatzen, wie es sich für einen Kurfürsten ziemte. Merkwürdigerweise ist es bislang nicht in Beziehung zu einem im Louvre beheimateten Alabaster-Halbportrait* gesetzt worden, das unverkennbar dieselbe Person zeigt und zwar den an seinem Lebensende zum Kurfürsten aufgestiegenen Ottheinrich von der Pfalz (1502─1559).
Wenn überhaupt jemals Überlegungen angestellt wurden, wer dieser greise Fürst sein könnte, wurde wohl nur am Wirkungskreis des Künstlers, Hans Mielich (auch Müelich, 1516─1573) Ausschau gehalten d.h. in Bayern; hier regierten die Wittelsbacher, aber keiner von der dortigen Linie hatte damals diese charakteristische Statur. Dabei ist auch Ottheinrich ein Wittelsbacher, jedoch von der Linie der Pfalzgrafen bei Rhein. Diese gehörten in Deutschland zu den sieben wahlberechtigten den Kurfürsten, welche den deutschen König bestimmten. Außerdem hatte die Familie die erbliche Funktion des Erztruchseß im Hl. Römischen Reich inne; heute könnte man sagen, sie waren die Controller der Herzöge im Reich und oberste Urkundenbeamten. Darüber hinaus bekleideten sie das Amt des Reichsvikars, falls eine Thronvakanz eintreten sollte, z.B. beim Tod des Königs, und damit die Aufgabe eines Reichsverwesers. Als Kurfürsten kennzeichnet auch diesen Nobleman, daß er einen Hermelinpelz über den Schultern trägt. Diese Auszeichnung war den sieben Kurfürsten vorbehalten, wurde aber offenbar bisher nicht wahrgenommen.
Darüber hinaus trägt Ottheinrich eine schwere, doppelte Goldkette. Er wirkt außerordentlich vermögend, mußte sich aber von früh an mit überkommenen Defiziten arrangieren. Auch um seine Besitzungen mußte er über viele Jahre mühsam ringen, denn das Stammhaus der Wittelsbacher in München war den Pfalzgrafen bei Rhein während der Landshuter Fehde nicht wohlgesonnen. Als die Eltern von Ottheinrich überraschend und gleichzeitig 1504 an der Ruhr starben, waren die überlebenden Kinder, Ottheinrich und sein jüngerer Bruder Philipp, schutzlos. Der Großvater, Kurfürst Philipp, beauftragte deshalb seinen vierten Sohn Friedrich (s. Beitrag Bartolomeo Veneto, Friedrich von der Pfalz), der am burgundischern Hof bei Philipp dem Schönen erzogen wurde, als Vormund einzugreifen. »Ihm gelang es, Maximilian, der seinen Antheil an der Landshuter Beute in Sicherheit wußte, von dem Bunde mit Baiern-München loszulösen…« Aber »der Krieg hatte den reichen Schatz, angeblich eine Million bar, aufgezehrt, schwere Schulden verursacht und das Land furchtbar verwüstet. Dennoch wurden von dem jungen Vormunde … die Gefahren überwunden und nach und nach ein besseres Verhältnis zu Baiern angebahnt…« (Salzer).
Ottheinrich und Philipp wurden in Neuburg unter Aufsicht von Herzog Friedrichs Statthalter Adam von Törring… und von einem Magister aus Bretten, Alexander Wagner, gemeinsam in Deutsch und Latein unterrichtet« (Salzer). Ab dem 14.Lebensjahr wurde Ottheinrich als Ritter geschult, während Philipp für den geistlichen Stand bestimmt war und ein Studium in Freiburg und Padua aufnahm. Noch in Freiburg malte Hans Baldung Grien (Alte Pinakothek, München) das bekannte Portrait von Philipp. Mit kaiserlicher Erlaubnis durfte Ottheinrich mit 19 Jahren eine Pilgerreise nach Jerusalem antreten, bei der er beachtlicherweise ein Tagebuch führte, das als kulturgeschichtliches Dokument wertvoll wurde. Herzog Friedrich konnte sich in seiner Position als Statthalter des Reichsregiments nicht mehr direkt um ihn kümmern; deswegen lebte Ottheinrich nach seiner Rückkehr nur ein Jahr lang an dessen Hof.
Der jugendliche Ottheinrich verließ zwar mit 14 Jahren den Schulunterricht; aber er bemühte sich ständig, seine Bildung zu erweitern, indem er sich mit Gelehrten unterhielt. Noch altkirchlich erzogen, blieb er dieser Auffassung treu, zumal sein Onkel und Vormund, Herzog Friedrich, sich in kirchlichen Angelegenheiten indifferent verheilt. Für seine Beteiligung am Bauernkrieg erhielt Ottheinrich sogar eine Belobigung von Papst Clemens VII. 1529 heiratete er Susanne (1502─1543), die Schwester des Baiern-Herzogs, welche frühzeitig Witwe des Markgrafen Kasimir von Brandenburg geworden war. Mit seinen Schwägern in Brandenburg freundete er sich an und kam dadurch auch mit der lutherischen Reformation in Berührung, so daß er die Reformation auf seinem Territorium einführte. Das führte zu Spannungen mit den Baiern-Herzögen, die ihm für den Wiederaufbau des Landes ein erhebliches Darlehen zugesagt hatten, es aber aus konfessionellen Gründen annullierten. Ottheinrich blieb nun nur der Ausweg, einige Ländereien zu verkaufen, an denen die Fugger sehr interessiert waren. Politisch lehnte er sich an den Schmalkaldischen Bund, einer Vereinigung protestantischer deutscher Fürsten, an. Er plädierte aber immer für eine Einbeziehung der calvinistischen Reformation, die in der Pfalz Fuß gefaßt hatte. Insgesamt kennzeichnete ihn, Konfrontationen zu meiden und auf dem Verhandlungsweg nach Lösungen zu suchen. Darin ähnelte er wie auch in der Statur dem sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen.
Als Ottheinrich soweit ging, daß er auch Universität und Schulen reformierte, setze er sich dem Unwillen des Kaisers aus, der nach seinem Sieg bei Mühlberg 1547 gegen den Schmalkaldischen Bund rigoros gegen etliche deutsche Fürsten vorging (der sächsische Kurfürst Johann Friedrich z.B. wurde verhaftet). Der Kaiser tendierte in Absprache mit dem Baiern-Herzog dazu, die Ländereien Ottheinrichs einzuziehen. Doch durch seine ruhige, sachliche Vorgehensweise konnte er kaiserliche Zwangsmaßnahmen abwenden. Zu denen gehörte, daß der Kaiser ihm die Erbfolge als Kurfürst aberkennen wollte, die im Falle des Todes seines Onkels Friedrich erfolgt wäre. Doch als dieser Fall 1556 eintrat, gelang es Ottheinrich, dem zu entgehen. Das war aber nur möglich, weil Karl V. in dem Jahr resignierte und abdankte; sein Bruder Ferdinand trat moderater auf neigte nicht zu mutwilligen Komplikationen.
Ottheinrich war ein genauer Beobachter; zugleich zeichnete ihn ein erstaunlicher Enthusiasmus im Bereich der Kultur aus. Auf seiner Pilgerfahrt nach Jerusalem kam er durch Italien und in Berührung mit der italienischen Renaissancebaukunst. Diese Erfahrung beeinflußte ihn beim Umbau des Heidelberger Schlosses. Es ist heute noch nicht geklärt, welcher Architekt dort für Ottheinrich tätig war; sicherlich sind aber viele Überlegungen dazu von Ottheinrich selbst ausgegangen. Durch die französische Invasion Louis XIV. wurde das Schloß später stark verwüstet, erhalten blieb noch die durchdachte Fassade des Ottheinrich-Baus, eines der schönsten Zeugnisse der Renaissance in Deutschland. »Der bauverständige Fürst dürfte sich schwerlich des Mitplanens enthalten haben… Dieser erste wirklich so zu nennende Palast verbindet italienische und niederländische Anregungen« (Herbert Brunner/Alexander von Reitzenstein S. 254). Tatsächlich kamen die Bildhauer-Dekorateure aus Flandern.
Noch eine weitere Qualifikation zeichnete Ottheinrich aus. Sein Bildungsdrang dokumentiert sich in einer überaus reichhaltigen und noch dazu wertvollen Bibliothek, der Palatina, welche im Zuge des 30jährigen Krieges bei der Eroberung Heidelbergs durch Graf Tilly deportiert und von Maximilian I. von Bayern 1623 dem Vatikan geschenkt wurde. Aber nicht nur der Inhalt der meist theologischen Schriften war bedeutsam, sondern vor allem die auf Wunsch Ottheinrichs gefertigten aufwendigen Renaissance-Einbände. Zur Bibliothek gehörte auch die berühmte Handschrift des Falken-Buches von Kaiser Friedrich II. De arte venandi cum avibus(Über die Kunst, mit Vögeln zu jagen).
* »Die berühmte Alabasterstatuette im Louvre vermittelt einen guten Eindruck vom Erscheinungsbild Ottheinrichs in seiner Zeit als Kurfürst von der Pfalz. Hinter einer mit Löwenköpfen gezierten Tischplatte sitzt der Fürst auf einem thronartigen Sessel. Seine Augen blicken müde aus dem aufgedunsenen, schwer gezeichneten Gesicht, das von einem vollen Backenbart umgeben ist. Er trägt ein prächtiges Gewand mit einer weiten Schaube, einem breiten, reich gestickten Schulterkragen und gepufften Ärmeln. Das imponierende Haupt schmückt ein Barett. Die Arme ruhen auf zwei als Löwen geformten Lehnen. Sehr fein sind die Hände durchmodelliert, die rechte liegt bezeichnenderweise auf einem Buch, die linke umfasst einen Handschuh. Dahinter ragen Griff und Parierstange eines Schwerts aus dem Mantel hervor« (Frieder Hepp).
© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2020
Literatur
Herbert Brunner/Alexander von Reitzenstein: Reclams Kunstführer Baden-Württemberg. Stuttgart 1979
Frieder Hepp. In: zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/hd/km/kdm/feb02.htm (5.3.2016)
IG. In: Contemporaries of Erasmus. Toronto/Buffalo/London 2003
Paintings from Europe and the Americans in the Philadelphia Museum of Art. Philadelphia 1994
Salzer. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 27 Berlin 1970
Bildnachweise
Kurt Löcher: Hans Mielich. Berlin 2002 S. 154
zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/hd/km/kdm/feb02.htm (5.3.2016)
Hans Mielich
Ottheinrich von der Pfalz
In der John G. Johnson Collection des Philadelphia Museum of Art ist als Nr. 735 ein undatiertes Portrait of a Nobleman (Öl auf Leinwand 96,8 x 87,9 cm. um 1555) enthalten, das einen korpulenten Fürsten mit weißem ´Rauschebart´ vor einem purpurfarbenen Vorhang zeigt. Er trägt einen breiten weißen Fuchs mit Hermelintatzen, wie es sich für einen Kurfürsten ziemte. Merkwürdigerweise ist es bislang nicht in Beziehung zu einem im Louvre beheimateten Alabaster-Halbportrait* gesetzt worden, das unverkennbar dieselbe Person zeigt und zwar den an seinem Lebensende zum Kurfürsten aufgestiegenen Ottheinrich von der Pfalz (1502─1559).
Wenn überhaupt jemals Überlegungen angestellt wurden, wer dieser greise Fürst sein könnte, wurde wohl nur am Wirkungskreis des Künstlers, Hans Mielich (auch Müelich, 1516─1573) Ausschau gehalten d.h. in Bayern; hier regierten die Wittelsbacher, aber keiner von der dortigen Linie hatte damals diese charakteristische Statur. Dabei ist auch Ottheinrich ein Wittelsbacher, jedoch von der Linie der Pfalzgrafen bei Rhein. Diese gehörten in Deutschland zu den sieben wahlberechtigten den Kurfürsten, welche den deutschen König bestimmten. Außerdem hatte die Familie die erbliche Funktion des Erztruchseß im Hl. Römischen Reich inne; heute könnte man sagen, sie waren die Controller der Herzöge im Reich und oberste Urkundenbeamten. Darüber hinaus bekleideten sie das Amt des Reichsvikars, falls eine Thronvakanz eintreten sollte, z.B. beim Tod des Königs, und damit die Aufgabe eines Reichsverwesers. Als Kurfürsten kennzeichnet auch diesen Nobleman, daß er einen Hermelinpelz über den Schultern trägt. Diese Auszeichnung war den sieben Kurfürsten vorbehalten, wurde aber offenbar bisher nicht wahrgenommen.
Darüber hinaus trägt Ottheinrich eine schwere, doppelte Goldkette. Er wirkt außerordentlich vermögend, mußte sich aber von früh an mit überkommenen Defiziten arrangieren. Auch um seine Besitzungen mußte er über viele Jahre mühsam ringen, denn das Stammhaus der Wittelsbacher in München war den Pfalzgrafen bei Rhein während der Landshuter Fehde nicht wohlgesonnen. Als die Eltern von Ottheinrich überraschend und gleichzeitig 1504 an der Ruhr starben, waren die überlebenden Kinder, Ottheinrich und sein jüngerer Bruder Philipp, schutzlos. Der Großvater, Kurfürst Philipp, beauftragte deshalb seinen vierten Sohn Friedrich (s. Beitrag Bartolomeo Veneto, Friedrich von der Pfalz), der am burgundischern Hof bei Philipp dem Schönen erzogen wurde, als Vormund einzugreifen. »Ihm gelang es, Maximilian, der seinen Antheil an der Landshuter Beute in Sicherheit wußte, von dem Bunde mit Baiern-München loszulösen…« Aber »der Krieg hatte den reichen Schatz, angeblich eine Million bar, aufgezehrt, schwere Schulden verursacht und das Land furchtbar verwüstet. Dennoch wurden von dem jungen Vormunde … die Gefahren überwunden und nach und nach ein besseres Verhältnis zu Baiern angebahnt…« (Salzer).
Ottheinrich und Philipp wurden in Neuburg unter Aufsicht von Herzog Friedrichs Statthalter Adam von Törring… und von einem Magister aus Bretten, Alexander Wagner, gemeinsam in Deutsch und Latein unterrichtet« (Salzer). Ab dem 14.Lebensjahr wurde Ottheinrich als Ritter geschult, während Philipp für den geistlichen Stand bestimmt war und ein Studium in Freiburg und Padua aufnahm. Noch in Freiburg malte Hans Baldung Grien (Alte Pinakothek, München) das bekannte Portrait von Philipp. Mit kaiserlicher Erlaubnis durfte Ottheinrich mit 19 Jahren eine Pilgerreise nach Jerusalem antreten, bei der er beachtlicherweise ein Tagebuch führte, das als kulturgeschichtliches Dokument wertvoll wurde. Herzog Friedrich konnte sich in seiner Position als Statthalter des Reichsregiments nicht mehr direkt um ihn kümmern; deswegen lebte Ottheinrich nach seiner Rückkehr nur ein Jahr lang an dessen Hof.
Der jugendliche Ottheinrich verließ zwar mit 14 Jahren den Schulunterricht; aber er bemühte sich ständig, seine Bildung zu erweitern, indem er sich mit Gelehrten unterhielt. Noch altkirchlich erzogen, blieb er dieser Auffassung treu, zumal sein Onkel und Vormund, Herzog Friedrich, sich in kirchlichen Angelegenheiten indifferent verheilt. Für seine Beteiligung am Bauernkrieg erhielt Ottheinrich sogar eine Belobigung von Papst Clemens VII. 1529 heiratete er Susanne (1502─1543), die Schwester des Baiern-Herzogs, welche frühzeitig Witwe des Markgrafen Kasimir von Brandenburg geworden war. Mit seinen Schwägern in Brandenburg freundete er sich an und kam dadurch auch mit der lutherischen Reformation in Berührung, so daß er die Reformation auf seinem Territorium einführte. Das führte zu Spannungen mit den Baiern-Herzögen, die ihm für den Wiederaufbau des Landes ein erhebliches Darlehen zugesagt hatten, es aber aus konfessionellen Gründen annullierten. Ottheinrich blieb nun nur der Ausweg, einige Ländereien zu verkaufen, an denen die Fugger sehr interessiert waren. Politisch lehnte er sich an den Schmalkaldischen Bund, einer Vereinigung protestantischer deutscher Fürsten, an. Er plädierte aber immer für eine Einbeziehung der calvinistischen Reformation, die in der Pfalz Fuß gefaßt hatte. Insgesamt kennzeichnete ihn, Konfrontationen zu meiden und auf dem Verhandlungsweg nach Lösungen zu suchen. Darin ähnelte er wie auch in der Statur dem sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen.
Als Ottheinrich soweit ging, daß er auch Universität und Schulen reformierte, setze er sich dem Unwillen des Kaisers aus, der nach seinem Sieg bei Mühlberg 1547 gegen den Schmalkaldischen Bund rigoros gegen etliche deutsche Fürsten vorging (der sächsische Kurfürst Johann Friedrich z.B. wurde verhaftet). Der Kaiser tendierte in Absprache mit dem Baiern-Herzog dazu, die Ländereien Ottheinrichs einzuziehen. Doch durch seine ruhige, sachliche Vorgehensweise konnte er kaiserliche Zwangsmaßnahmen abwenden. Zu denen gehörte, daß der Kaiser ihm die Erbfolge als Kurfürst aberkennen wollte, die im Falle des Todes seines Onkels Friedrich erfolgt wäre. Doch als dieser Fall 1556 eintrat, gelang es Ottheinrich, dem zu entgehen. Das war aber nur möglich, weil Karl V. in dem Jahr resignierte und abdankte; sein Bruder Ferdinand trat moderater auf neigte nicht zu mutwilligen Komplikationen.
Ottheinrich war ein genauer Beobachter; zugleich zeichnete ihn ein erstaunlicher Enthusiasmus im Bereich der Kultur aus. Auf seiner Pilgerfahrt nach Jerusalem kam er durch Italien und in Berührung mit der italienischen Renaissancebaukunst. Diese Erfahrung beeinflußte ihn beim Umbau des Heidelberger Schlosses. Es ist heute noch nicht geklärt, welcher Architekt dort für Ottheinrich tätig war; sicherlich sind aber viele Überlegungen dazu von Ottheinrich selbst ausgegangen. Durch die französische Invasion Louis XIV. wurde das Schloß später stark verwüstet, erhalten blieb noch die durchdachte Fassade des Ottheinrich-Baus, eines der schönsten Zeugnisse der Renaissance in Deutschland. »Der bauverständige Fürst dürfte sich schwerlich des Mitplanens enthalten haben… Dieser erste wirklich so zu nennende Palast verbindet italienische und niederländische Anregungen« (Herbert Brunner/Alexander von Reitzenstein S. 254). Tatsächlich kamen die Bildhauer-Dekorateure aus Flandern.
Noch eine weitere Qualifikation zeichnete Ottheinrich aus. Sein Bildungsdrang dokumentiert sich in einer überaus reichhaltigen und noch dazu wertvollen Bibliothek, der Palatina, welche im Zuge des 30jährigen Krieges bei der Eroberung Heidelbergs durch Graf Tilly deportiert und von Maximilian I. von Bayern 1623 dem Vatikan geschenkt wurde. Aber nicht nur der Inhalt der meist theologischen Schriften war bedeutsam, sondern vor allem die auf Wunsch Ottheinrichs gefertigten aufwendigen Renaissance-Einbände. Zur Bibliothek gehörte auch die berühmte Handschrift des Falken-Buches von Kaiser Friedrich II. De arte venandi cum avibus(Über die Kunst, mit Vögeln zu jagen).
* »Die berühmte Alabasterstatuette im Louvre vermittelt einen guten Eindruck vom Erscheinungsbild Ottheinrichs in seiner Zeit als Kurfürst von der Pfalz. Hinter einer mit Löwenköpfen gezierten Tischplatte sitzt der Fürst auf einem thronartigen Sessel. Seine Augen blicken müde aus dem aufgedunsenen, schwer gezeichneten Gesicht, das von einem vollen Backenbart umgeben ist. Er trägt ein prächtiges Gewand mit einer weiten Schaube, einem breiten, reich gestickten Schulterkragen und gepufften Ärmeln. Das imponierende Haupt schmückt ein Barett. Die Arme ruhen auf zwei als Löwen geformten Lehnen. Sehr fein sind die Hände durchmodelliert, die rechte liegt bezeichnenderweise auf einem Buch, die linke umfasst einen Handschuh. Dahinter ragen Griff und Parierstange eines Schwerts aus dem Mantel hervor« (Frieder Hepp).
© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2020
Literatur
Herbert Brunner/Alexander von Reitzenstein: Reclams Kunstführer Baden-Württemberg. Stuttgart 1979
Frieder Hepp. In: zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/hd/km/kdm/feb02.htm (5.3.2016)
IG. In: Contemporaries of Erasmus. Toronto/Buffalo/London 2003
Paintings from Europe and the Americans in the Philadelphia Museum of Art. Philadelphia 1994
Salzer. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 27 Berlin 1970
Bildnachweise
Kurt Löcher: Hans Mielich. Berlin 2002 S. 154
zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/hd/km/kdm/feb02.htm (5.3.2016)