Erstveröffentlichung

Georg Pencz
Georg Hartmann

058.06 Pencz-Hartmann 240Man meint, in dem Bildnis eines 60jährigen Mannes (Öl auf Holz 83,5 x 63 cm. Privatbesitz. Dyballa B 22) von Georg Pencz (ca. 1500 ─ 1550) einen Domherrn vor sich zu haben: eine kräftige, in sich ruhende Gestalt in schwarzer Schaube mit breitem Pelzkragen und schwarzer Kappe auf dem schon silbernen Haart. Ob er ein schwarzes Gefäß in seiner linken Hand hält, bleibt unklar; auffällig belichtet sind nur seine groben Hände. Aber auch sein frontal gezeigtes Gesicht hat eine kräftige Nase zu sozusagen bäuerlichen Zügen. Als Halbportrait positioniert ist die Person an einem Sims vor dem Seiteneingang einer romanischen Kirchenportal. An einem rechts eingeblendeten Wandzug befindet sich ein verschnörkeltes Steinrelief mit der Beschriftung

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Doch forscht man unter prominenten, um 1490 geborenen Kirchenmännern, findet sich keine überzeugende Person in dem Raum, die das Jahr 1550 aktiv erlebt hätte. So bestand nur die Möglichkeit, über ein Vergleichsbild in Gestalt einer Bildnismedaille von 1533, die sich in Budapest befindet (Habich Nr. 1337), einer Lösung näherzukommen. Allerdings zeigt diese einen 45jährigen im Profil und nicht en face. Diese 15 Jahre jüngere Person weist ebenfalls eine kräftige Nase, ein fülliges Gesicht, bäuerliche Züge, zusammengeschobene Lippen, vertiefte Augen und einen akkurat geschnittenen Pagenkopf auf. Auf dem Kopf trägt er ein Barett mit Seitenklappen, wie es auch Melanchthon u.a. getragen hat. Hier handelt es sich um Georg Hartmann (1489─1564), der in der Nähe Bambergs in Eggolsheim geboren wurde. Er studierte Theologie und Mathematik (wie Melanchthon) und ließ sich nach einer Italienreise in 1518 in Nürnberg nieder.

Hartmanns Interessen waren ähnlich ausgerichtet wie bei Johannes Stöffler (s. Beitrag Cariani, Johannes Stöffler). Er betätigte sich als Mathematiker und Konstrukteur von Globen, Astrolabien sowie Sonnenuhren. Zu seinen Entdeckungen gehört die Abweichung der Magnetnadel von der Mittagslinie. Aber 058.06 Hartmann-NEBUnbekannter Künstler: Georg Hartmann.
Stich nach der Bildnismedaille
Hartmann erfand auch 1540 den sog. Caliberstab (Visierstab) für die Artillerie, wobei er mit Nicolaus Tausalno aus Brixen konkurrierte.


Nachdem er an den Turm von St. Sebald in Nürnberg die mittäglich -Vertikallehr gezeichnet hatte, wurde er Vikar an dieser Kirche. Insofern erwies sich der erste Eindruck seines Portraits nicht als unbegründet.

Hartmann pflegte den wissenschaftlichen Austausch mit Humanistenkollegen wie Melanchthon (1497─1560) und der Nürnberger Kapazität Willibald Pirckheimer (1470─1530), mit dem er auch befreundet war.

© Christoph Wilhelmi Stuttgart 2019

Literatur
Georg Habich: Die Deutschen Schaumünzen des XVI. Jahrhunderts I,2 München 1972 S. 187
Georg Andreas Will: Nürnbergisches Gelehrtenlexikon Vol. II 40-41 

Johann Heinrich Zedler: Das Grosse vollständige Universal-Lexicon der Wissenschaften und Künste. Leipzig 1732-54

Bildnachweise
Katrin Dyballa: Georg Pencz. Berlin 2014 Abb. B 22
Die Porträtsammlung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Reihe A Bd. 10 München u.a., 1989 Nr. A 8937