Erstveröffentlichung

Bartholomäus Bruyn d. Ä.

Siebert Löwenburg

12.32-Bruyn-dÄ-Löwenburg 240Zu den vielen anonymen Portraits von Bartholomäus Bruyn d. Ä. gehört auch ein Bildnis eines Mannes (Öl auf Holz 36,5 x 28,5 cm. 1544 datiert, früher Kunsthandlung de Boer; Amsterdam. Westhoff-Krummacher Nr. 53). Sein Aussehen deutet an, daß es sich bei dem Dargestellten um einen energischen Mittdreißiger handelt. Er trägt eine schwarze Schaube ohne Pelz, die vorn geschlitzt ist und ein weißes Hemd erkennen läßt. Schmuck am Hals oder am Gewand findet sich nicht an ihm; auch religiöse Symbole treten nicht auf. An der linken Hand sind am Zeigefinger gebündelte Ringe zu sehen ─ ein Zeichen für Grundbesitz. Auffällig ist ein Buch auf einem angeschnittenen Tisch oder Sims, wie es bei Bruyn oftmals anzutreffen ist. Es wird von der rechten Hand gehalten. Demnach muß die Person eine Affinität zum Publizieren gehabt oder zumindest beruflich Bücher genutzt haben. Im Karlsruher virtuellen Katalog jedoch ist sein Name (s.u.) nicht verzeichnet.

Links neben dem Kopf sind noch Reste eines Wappens erkennbar, das aber nicht mehr zugeordnet werden kann. In J. B. Rietstaps L’Armorial Général (1934) gibt es zu Löwenburg ein vierteiliges Wappen mit Löwe und Mönch; aber ein direkter Vergleich ist wegen der Schäden nicht mehr möglich. Leider hat Bruyn hier im Bild auf Altersangaben verzichtet, die sonst oft die Suche erleichtern. Ob der Familienname mit der Löwenburg bei Königswinter zu tun hat, läßt sich leider auch nicht mehr klären. Aber Siebert Löwenburg, der aus Zülpich stammte, wurde 1526 in Köln immatrikuliert. Daraus ergibt sich, daß er etwas 1510 geboren sein muß. 1532 erwarb er den akademischen Grad des Licentiaten und promovierte 1533 so erfolgreich, daß er sogleich zum Rechtslehrer an der Kölner Universität berufen wurde.

Damit gehörte Löwenburg zum Kreis potentieller Kunden für B. Bruyn. Wahrscheinlich zog der Erzbischof Hermann von Wied (1477─1522) Löwenburg als Rechtsberater heran. Darin folgte ihm bald darauf der Landgraf von Hessen (bis 1542). Daraus geht hervor, daß Löwenburg frühzeitig eine Neigung zum Protestantismus erkennen ließ. »Er wisse nicht, habe er erklärt, welcher kirchlichen Partei er sich anschliessen solle… er sei dem Kurfürsten [zugleich Erzbischof von Köln] durch seinen Eid als Lehensträger verpflichtet; darum könne er sich noch nicht zu einer bestimmten Parteinahme entschliessen« läßt er bei Leonard Ennen (S.486) ausweichend verlauten. Infolgedessen befand er sich in ständigem juristischen Konflikt mit der Stadt Köln, die ihn aus konfessionellen Gründen bereits 1536 nicht mehr in die Stadt lassen wollte (Kloosterhuis S. 612). Infolgedessen verlor er seinen Lehrstuhl an der Universität.

Unermüdlich reiste Löwenburg zwischen den Höfen hin und her. »1540 überbrachte er neben dem Grafen von Manderscheid vom burgundischen Hof die Vergleichsvorschläge an die in Schmalkalden versammelten Stände des protestantischen Bundes, welche die Religionsgespräche einleiteten« (KloosterhuisS. 612). Eine Entspannung im Sinne erasmischer Vermittlung erzielte er nicht. »Den Niedergang seines Landesherrn mußte Löwenburg auch selbst erfahren, als ihn [der Kanzler des Kaisers] Granvelle während einer Gesandtschaft in Brüssel schlecht behandelte« (Ennen S. 486). Der lange Arm Kaiser Karl V. sorgte dafür, daß er 1545 wegen seiner Haltung aus der Fakultät ausgeschlossen wurde. »Bezüglich Dr. Sibert [Löwenburg] mußte [die Universität] die Entscheidung des Kaisers einholen« (Ennen S. 557). Ein ebenfalls von B. Bruyn porträtierter Jurist, Petrus von Clapis, führte die Untersuchung gegen ihn, dieser wartete sie jedoch nicht ab und begab sich zum Erzbischof nach Buschhofen. Aber Löwenburg gab seine Bemühungen um eine politische Lösung nie auf.

Die Schlacht von Mühlberg 1547 erbrachte Kaiser Karl V. die Handlungsfreiheit gegenüber den Protestanten. In der Folge wurde der Kölner Erzbischof, Hermann von Wied, abgesetzt ─ der für Löwenburg wichtigste Auftraggeber. Löwenburg konnte aber 1550 nach Köln zurückkehren, das ihm die Jahre vorher verschlossen blieb, und wurde rehabilitiert. Er wurde sogar entschädigt, indem er die Einkünfte aus dem Deutzer Fähramt als Ausgleich erhielt.

Literatur
Leonard Ennen: Geschichte der Stadt Köln. Bd. 4 Köln 1863/80 S. 486, 557
Elisabeth Kloosterhuis: Erasmusjünger als politische Reformer : Humanismusideal und Herrschaftspraxis am Niederrhein im 16. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2006
Hildegard Westhoff-Krummacher: Barthel Bruyn der Ältere als Bildnismaler. Berlin 1965

Bildnachweis
Hildegard Westhoff-Krummacher: Barthel Bruyn der Ältere als Bildnismaler. Berlin 1965 S. 135