Accademia degli Inabili
dt. der Untauglichen
1673 ─ ca. 1688 Bologna

Hundert Jahre nach der Seeschlacht von Lepanto 1571 wurde von Giovanni Turchi ein Projekt angeregt, das die Verdienste des heilig gesprochenen Papstes Pius V. feiern sollte. Er gewann Literaten und Wissenschaftler der Universität für diesen Plan. Der Titel der Gruppe ist eine demonstrative Untertreibung.
Der Papst hatte es damals zustande gebracht, daß der Kaiser, der König von Spanien, der Vatikan und die Seerepublik Venedig einen gewaltigen Flottenverband aufbrachten, der die türkische Flotte bei Nafpaktos vernichtend schlug. Zu dieser Gedenkfeier wurde 1673 eine Säule in Bologna errichtet, welche mit der Inschrift TANTAE MOLIS ERAT (Es hat soviel Mühe gekostet)versehen wurde. Dem kaiserlichen Marschall Enea Antonio Caprara (1631 ─ 1701) fiel die Rolle zu, aus diesem Anlaß ein panegyrisches Gedicht zu rezitieren.
16 Prominente aus Bologna gründeten die Akademie, von denen umschichtig jeder für ein Jahr zum Vorsitzenden bestimmt wurde.

Protector celeste
Pius V. / Michele Ghislieri (1504 ─ 1572)
war seit 1558 Großinquisitor und ab 1566 Papst. Er war ein im Sinne der Gegenreform ein strenger Asket, »dem Menschen von Rang verdächtig waren. 1574 richtete er den ´Index der verbotenen Bücher´ ein mit der Folge, daß Hunderte von Druckern nach Deutschland oder in die Schweiz flüchteten. Er exkommunizierte die ´angebliche Königin´ Elizabeth von England und erklärte sie für abgesetzt« (Horst Fuhrmann S. 161).

Mitbegründer
Niccolò Albergati-Ludovisi, Conte 1608 ─ 1687
war Erzbischof von Bologna und wurde Kardinal.
Benedetto Giuseppe Baldi 1632 ─ 1694
war Sekretär des Senats und hielt die Eröffnungsrede.
Giovanni Battista Benedelli
Girolamo Beni
war Priester in Fossombrone.
Ercole Antonio Capellini
war Jurist und Philosoph.
Alberto Maria Fanti
Francesco Ferrari
war Philosoph.
G. Battista Gazelli
war Priester und Leibarzt der Kaiserin Eleonore.
Gregorio Malisardi
war Mediziner und Philosoph.
Ippolito Domenico Marsigli
wurde erster Vorsitzender.
Paolo Pasi
war Philosoph und Literaturprofessor.
Bonaventura Rossi
war Literaturprofessor.
Angelo Antonio Sacchi, Conte
Tommaso Stanzzani
war Sekretär der Stadtverwaltung.
Giovanni Turchi
ergriff die Initiative.
Angelo Antonio Turrini
war Lektor für Recht.

Literatur
Horst Fuhrmann: Die Päpste. München 1998
Michele Maylender: Storia delle Accademie d’Italia. Bologna 1926-30


Academia degli Incogniti
dt. der Unbekannten
ca. 1546 ─ ca. 1548 Neapel

Während der Regentschaft des Vizekönigs von Neapel, Pedro de Toledo, dem mächtigsten Mann in kaiserlichen Diensten, herrschte reger Wettbewerb unter den Akademien in Neapel, obwohl auch von Unterdrückung die Rede war. Die Incogniti wählten das Motto: EX IGNOTO NOTUS (aus dem Unbekannten notiert), das sich später die Venezianer aneigneten.

Vorsitz
Baldassare Maracca
war Bischof von Lesina.

Teilnehmer
Alfonso Cambi
Tommaso Costo
Benedetto Falco
beschrieb 1549 die antiken Reste von Neapel.
Giovanni Domenico di Lega
Andrea Mormile
A.F. Doni
war Drucker.
Francesco Sovero
Laura Terracina / Febea
schrieb ´Quinte Rime´.
Lorenzo Villarosa

Literatur
Michele Maylender; Storia delle Accademie d’Italia. Bologna 1926-30


Accademia degli Infiammati

dt. der Entzündbaren
1540 ─ 1545/50 Padua

Es gab gemeinsame, abendliche Arbeitsessen mit gelehrten Gesprächen. Die Gruppierung setzte sich für die Volkssprache ein, wobei die lingua thoscana bevorzugt wurde.
Bei den sog. Lektionen wurden auch auswärtige Autoren wie Pietro Bembo bzw. Ariost und Antonio Forteguerri vorgelesen. Vergils Aeneis galt als großes Vorbild. Außerdem wurden Debatten über Sprache geführt.
Emblem der Gruppe war Herkules am Monte Olite/Oita in Flammen. Die Imprese lautete: ARSO IL MORTALE AL CIEL N'ANDRÀ L'ETERNO. Nach erfolgreichem Abschluß aller seiner Taten ließ sich Herkules auf einem Scheiterhaufen verbrennen und erreichte auf diese Weise die Unsterblichkeit.

Initiator
Sperone Speroni 1500 ─ 1588 
war Philosoph, Mediziner und hatte den Lehrstuhl für Logik in Padua inne. Er schrieb 1546 die Tragödie Canace und einen Diskurs über Ariosts ´Orlando Furioso´.

Teilnehmer
Luigi Alamanni 1495 ─ 1556 
war ab 1559 Sekretär des Kardinals Ippolito d’Este und als Gegner der Medici längere Zeit in Frankreich.
Pietro Aretino 1492 ─ 1556 
war Satiriker, Polemiker und Provokateur in Venedig unbd seit 1541 beteiligt.
Daniele Barbaro 1513 ─ 1570 
war Politiker (Senator und u.a. podestà von Verona) und Wissenschaftler (insbesondere Optik). Er hatte Vitruv studiert und ließ zusammen mit seinem Bruder die Palladio-Villa Maser erbauen.
Angelo Beolco / el Ruzzante ca.1496 ─ 1542 
war Gutsverwalter und Dramaturg. Er stand mit Pietro Bembo und Sperone Speroni in Verbindung.
Angelo Berlco / Ruzzante
schrieb rustikale Komödien.
Cola Bruno ´il padre´

Marcello Cervini 1501 ─ 1555 
war Kardinalbibliothekar und 1555 kurzzeitig Papst Marcello II.
Ippolito Chizzola 1522 ─ 1565
war Kanoniker.
Giovanni Cornaro
Giovambattista Goineo 1520 ─ 1582
Galeazzo Gonzaga 1509 ─ 1562 
hielt sich lange am Hof in Ferrara auf und war um 1547 governatore von Modena.
Antonfrancesco Grazzini / il Lasca 1503 ─ 1584 
Kaufmann, Poet und Dramatiker
Bartolomeo Lombardi/o 
übersetzte zusammen mit Maggi die Poetik des Aristoteles.
Giovanni Battista Maganza / Magagio
war Poet und Maler.
Vincenzo Maggi ca. 1498 ─ 1564 
war Philosoph und Übersetzer.
Giovanni Battista Marganza 1513 ─ 1586
war Poet und Maler.
Niccolò Martelli 1498 ─ 1555 
war Kaufmann und Literat.
Ugolino Martelli 1519 ─ 1592
wurde Bischof von Glandèves.
Fortunato Martinengo, Conte 1512 ─ 1552
Giovanni Mazzuoli da Strada / padre ca. 1480 ─ 1549 
wurde volkstümlicher Schriftsteller und schrieb Spontan-Literatur. Als die Medici nach Florenz zurückkamen, wurde er provveditore von Pisa, stand im Dienst von Lucrezia de’Medici und arbeitete als Informant für Lorenzo de’Medici.
Leone Orsini 1512 ─ 1564 
war Kleriker und ab 1525 Bischof von Fréjus.
Alessandro Piccolomini / il Stordito1508 ─ 1578/79 
war Kleriker und Astronom, publizierte und wurde später Titularerzbischof von Patras. Er schrieb Komödien und hatte ab 1540 einen Lehrstuhl für Philosophie inne. 1541 erschien eine Auswahl seiner Schriften in Padua im Druck.
Francesco Quirini/o
Francesco Sansovino 1512 ─ 1586
Fabrizio Strozzi
Bernardino Tomitano 1517 ─ 1576 
trat als Cicero-Übersetzer für die lingua thoscana ein. Durch sein Studium war er Mediziner und Philosoph. Er las bis 1563 an der Universität in Padua über Aristoteles. Außerdem publizierte er über Kosmographie auf der Basis von Ptolemäus. 1554 geriet er in ein Verfahren bei der Inquisition, da man in einer anonymen Schrift ihn als Autor vermutete. Wohl deswegen erhielt er nicht den erhofften Lehrstuhl für Philosophie in Padua. Deshalb kehrte er nach Venedig zurück und praktizierte als Arzt. Er verfügt über eine lange Publikationsliste, darunter auch zur lingua toscana.
Benedetto Varchi 1502/03 ─ 1565 
studierte, obwohl Florentiner, an den Universitäten Pisa, Padua und Bologna zum Notar. Er wurde als Schriftsteller von Piero Strozzi protegiert. Seine ´storia fiorentina´ war nicht im Sinne der Medici und wurde daher nicht gedruckt. Er war zeitweilig Zensor.

Literatur
Isabetta Selmi. In: Dizionario Biografico Italiano. Roma
V. Maggi. In: Dizionario Biografico Italiano, Roma
Michele Maylender: Storia delle Accademie d'Italia. Bologna 1926-30


Accademia degli Innominati
auch: Accademia dei Signori Innominati
dt. der Namenlosen
1550 ─ 1580 Parma

Vergleichsweise spät (evtl. erst 1574) organisierte sich in Parma eine Akademie. Sie entlehnte ihr Motto von Vergil: FAMAM EXTENDERE FACTIS (die Überlieferung durch Fakten ausweiten).Über ihre Aktivitäten gibt es leider wenig Zeugnisse; doch sind noch Listen der Mitglieder vorhanden. Diese gaben sich Phantasienamen, teils belustigende, teils bewußt irrreführende.
Ihren Höhepunkt erlebte die Akademie durch den Besuch von Torquato Tasso. Der war von Herzog Ranucio zusammen mit seinem Neffen, Tarquinio Molza, eingeladen worden und schrieb für Parma ein Sonett (Maylender III S. 295): »Innominata, ma famosa schiera…«.
Um 1580 reaktivierte sich die Akademie und hatte dabei erneut starken Zulauf.

Gründer
D. Eugenio Visdomini
Giulio Smagliati / il Roco

Teilnehmer
Paolo Accorsi / l’Affaticato
war Arzt.
Ascanio Ajani / il Piacevole
Girolamo Alessandrini / l’Ascoso
Bernardino Baldi / il Selvaggio
Francesco Ballestrieri / il Rinovato
Ascanio Baratti
Angelo Carissimi / l’Inutile
Simone Cassola / l’Imperfetto
Apollonio Cocconi / il Tacito
war Arzt.
Giambattista Colla / il Sonnachioso
Gian Jacopo Gaza
Ferrante Gonzaga (aus Molfetta)
Forelli, Conte di Montechiarugolo
Flavio Guarenghi / il Faticoso
Gregorio Guidetti
Giulio Cesare Lalatta / L’Sterile
Muzio Manfredi / il Fermo
war Humanist und Petrarkist sowie nach 1560 Vorsitzender.
Giambattista Massarengo
Felice Passero / il Richiuso
Frans_Pourbus d.J. Portrait
Giovanni Battista Marino
Camillo Platoni / l’Oscuro
Francesco Puelli / il Volubile
war Ritter von St. Stefano.
Andrea della Rosa / il Confuso
Scipione della Rosa
Fortuniano San Vitale / l‘Agitato
Pirro San Vitale, Conte di Sala / il Debole
Giacomo Scutarelli / L’Obligato
Pomponio Torelli / il Perduto
Gian Alberto Urbani / l’Incerto
war Arzt.
Lt. data.bnf.fr/14580713
gehörten ebenfalls zur Akademie, vermutlich in einer Gastrolle:
Scipione Cobeluzzi
Battista Guarini 1538 ─ 1612
war Poet und in mehreren Akademien engagiert.
Giambattista Marino 1569 ─ 1625
Flavio Querengo / il Faticoso
war nach 1580 engagiert.

Torquato Tasso 1544 ─ 1595

Literatur
Michele Maylender: Storia delle Accademie d’Italia. Bologna 1926-30


Accademia poetica e letteraria degli Insensati
dt. der Unsinnigen
ca. 1561*─ ca. 1774 Perugia

Vier begabte und an Literatur interessierte junge Bürger der Stadt taten sich zusammen und bildeten eine Akademie. Sie gaben sich Phantasienamen, deren Liste in der Bibliothek Casatenense, Rom, noch erhalten ist ─ leider ohne die Geburtsnamen hinzuzufügen. Beachtlich war die Einrichtung einer gemeinsamen Bibliothek, die 200 italienische und lateinische Exemplare umfaßt haben soll, darunter vor allem Titel ihrer Mitglieder, darunter auch Auswärtige. Ihr Lemma hieß: VEL CUM PONDERE.
Zudem gab sich jeder eine bildliche Metapher.
*lt. Vincioli ca. 1546

Protektoren
Bonifazio Bevilacqua, Kardinal
Carlo Pio

Gründer
Tomaso Perigli
Ottaviano Platoni
wählte sich als Metapher einen schlafenden Elefanten.
Rubino Salucci
Giovanni Tinuoli

Teilnehmer
Ottaviano Aureli
Beccuti
Leandro Bovarini / il Furioso
übernahm 1602 den Vorsitz.
Cesare Caporali / lo Stemperato
Cesare Crispolti
Giovanni Francesco Crispolti
Vespasiano Crispolti / il Ritirato
Giovanni Paolo Lancelotti ca. 1522 ─ ca. 1590
stammte aus nobler Familie Perugias und studierte beiderlei Rechte. Er veröffentlichte u.a. einen Kommentar zu den Decretali. Von Papst Paul III. wurde er eingeladen, das kanonische Recht zu systematisieren. Außerdem hatte er literarische Neigungen und schrieb Rime, sowohl neulateinisch als auch in volgare. Er förderte Schriftstellerkollegen (s. Chr. Wilhelmi: Tintoretto. Stuttgart 2019 S.104f).
Jacopo Marci / l’Ingordo
Marinelli
Martinelli
Filippo Massini /l’Estatico
Mastini
Montesperelli
Sforza d’Oddo / il Forsennato
Aurelio Orso / l’Imperfetto
Ascanio Paolucci / il Rugginoso
Paolo Emilio Santorio / l’Assiderato
wurde Erzbischof in Urbino.
Anselmo Scotti / l‘Aggirato
Claudio (?) Tolomei 1491 ─ 1556
war als Jurist Lektor in Bologna.

Literatur
Michele Maylender: Storia delle Accademie d’Italia. Bologna 1926-30


Accademia degl‘ Intronati
dt. der Betäubten
1525/27 ─ 1568/1603 Siena

Theaterliebhaber der Stadt taten sich zusammen und traten 1532 mit der Aufführung einer Komödie Gl’Ingannati (die Betrogenen) zu Ende der Karnevalszeit an die Öffentlichkeit. Am Text waren mehrere Autoren beteiligt, und das Spiel von der Gruppe selbst erarbeitet worden. Die Handlung spiegelte in gewisser Weise städtisches Leben wider.

Das Motto der Aufführung lautete meliora atent d.h. wohl das Bessere achten?
Höhepunkt war 1531 die kollektive Erarbeitung der an Plautus orientierten Komödie  L’ingannati, die Betrogenen. Der Holzschnitt enthält eine Schweinsblase, wohl weil diese gern zum Jux benutzt wurde. Ihr hinterlegt sind gekreuzte Schlägel d.h. hölzerne Hämmer.
Im Zuge der Gegenreformation erkannten die Jesuiten die Notwendigkeit, dem Geschmack der Bevölkerung durch volkstümliche Unterhaltung entgegenzukommen. Das Jesuitentheater ist sogar ein fester Begriff der Literaturgeschichte geworden.
In Erinnerung an die Akademie wurde von der Sieneser Bürgerschaft im 18.Jahrundert ein eigenes Theater errichtet und benannt Teatro Grande della Nobilisssima Accademia degl’Intronati.

SchIntronati-Siena Titelblatt der Komödie von 1532irmherr
Ippolito de’Medici 
wurde 1529 zum Kardinal erhoben.

Vorsitz
Marcello Cervini 1501 ─ 1555 
war Kardinalbibliothekar und 1555 kurzzeitig Papst Marcello II.

Teilnehmer
Laura Battiferri Ammanati 1523 ─ 1589 
war eine namhafte Poetin und Verfasserin von Sonetten. Sie setzte sich zunehmend für die Gegenreformation ein. Sie war mit dem Architekten Bartolomeo Ammanati verheiratet.
Girolamo Bargagli 1537 ─ 1612 
war Dramatiker und Autor von La pellegrina. Dieses Stück wurde auch anläßlich der Medici-Hochzeit 1589 von den Teilnehmern der Gruppe in Florenz aufgeführt.
Elena Lucrezia Cornaro Piscopia 1646 ─ 1684
Girolamo Gigli / Economico 1660 ─ 1722 
war zeitweilig Sekretär. Er schätzte Molière und schrieb über Caterina von Siena (→ Accesi. Crusca, Timidi).
Vincenzo Leonio 1650 ─ 1720 
war als Petrarkist auch Librettist. Er hatte in Spoleto Philosophie, Grammatik und Rhetorik studiert.
Orazio Lombardelli / Sbigottito (der Betroffene/Bestürzte) ca. 1545 ─ 1608 
schrieb Diskurse.
Alessandro Piccolomini 1508 ─ 1578 
übersetzte Ovid, schrieb Komödien und veröffentlichte Sonette (→ Infiammati, Padua)
Adriano Politi 1542 ─ 1625 
arbeitete als Sekretär bei verschiedenen Kardinälen und war zugleich Übersetzer und Lexikograph.
Claudio Tolomei / Adriano Franci 1492 ─ 1556 

Literatur
Michele Maylender: Storia delle Accaydemie d'Italia. Bologna 1926-30