Erstveröffentlichung

Unbekannter Künstler
Isabella Clara Eugenia

71.20-Isabella-240Im Angebot des Münchner Kunsthandels befand sich in den letzten Jahren auch ein kleines Portrait der Spätrenaissance (Öl auf Holz 16,5 x 14 cm), das nach Angaben des Auktionshauses der Bruder, Ludger tom Ring d. J., gemalt haben soll. Da das Gemälde oben rechts deutlich 1588 datiert ist, kommt aber Ludger nicht mehr infrage, denn der war bereits 1584 gestorben. Dem Künstlernamen wurde der Hinweis Nachfolge angehängt. Da die drei Vertreter der Familie eine ähnliche Stilauffassung hatten, käme also nur Hermann für das Bild infrage, der bis 1597 lebte (*1521). Aber der Lösung widerspricht die unter der Inschrift angebrachte Ligatur IB, welche sich bisher nicht auflösen ließ. So ist in diesem Fall ─ auch wegen mangelnder Qualität ─ ein provinzieller Maler anzunehmen.

In Ermangelung einer Objektbezeichnung wird es mit Damenbildnis einer 22 jährigen betitelt. Dabei ist es wohl keine Frage, daß es sich bei der Dame um eine Prinzessin handeln muß, denn die Dargestellte ist derart mit Schmuck behangen, wie wohl kein reicher Kaufmann seine Tochter hätte ausstaffieren können, schon gar nicht in den nördlichen, calvinistischen Niederlanden. Die Prinzessin trägt fünf goldene Ketten, woran eine Medaille mit einem Ankerkreuz und umlaufender Schrift hängt. Ein verwertbarer Text geht jedoch daraus nicht hervor. An beiden Händen der Frau stecken acht Ringe; demnach verfügte sie über viele Liegenschaften.

Die Familie tom Ring war in Münster ansässig, wo auch die beiden Söhne von Ludger d. Ä. geboren wurden. Offenbar wirkte sie in den wirtschaftlich prosperierenden Raum, Niederlande und Flandern, hinein. Geht man davon aus, daß die Datierung 1588 oben rechts und die damit verbundene Altersangabe ursprünglich ist, ergibt sich für die Dargestellte das Geburtsjahr 1566. Auf der Suche nach einer 1566 geborenen Prinzessin stößt man bald auf Isabella Clara Eugenia (1566─1633), das erste Kind König Philipps II. von Spanien. Ihr wurde eine gute Ausbildung zuteil. Sie zeigte sogar Interesse an der Politik. Ihr Vater setzte die für die Habsburger sprichwörtliche Heiratspolitik auch in ihrem Fall ein und plante bereits im dritten Lebensjahr von Isabella, sie mit Kaiser Rudolf II. in Prag zu verheiraten. Doch dieser Herrscher entzog sich einer solchen Festlegung. Darüber gingen Jahre ins Land. Danach hatte Philipp im Auge, den französischen König Henri III. mit ihr zu verbinden, obwohl Isabellas Mutter Elisabeth aus dem französischen Königshaus Valois stammte. Doch auch dazu kam es nicht, und weitere Verbindungen zerschlugen sich, »wiewol sie verschiedene Heiratsanträge bekommen hatte« (K. Th. Wenzelburger).

71.20-Cruz-240-Isabella-ClaJuan Pantoja de la Cruz:
Isabella Clara Eugenia. 1598/99.
Museo del Prado, Madrid
Als diese »schöne und verständige Frau« das Alter von 32 Jahren erreicht hatte, schritt ihr Vater zur Tat. Er bestimmte 1599 den Erzherzog Albert VII. von Österreich (1559─1621) zu ihrem Partner, dem zweiten Sohn Kaiser Maximilians II., und setzte ihn zum Vizekönig von Portugal und Statthalter der spanischen Niederlande ein. Dem stand jedoch entgegen, daß Albert ursprünglich für den geistlichen Stand und zwar 1577 zum Kardinal von Toledo bestimmt sowie als Fürstbischof von Cambrai vorgesehen war. Die Rückverwandlung eines geistlichen in einen weltlichen Fürsten war jedoch schon vor dem häufig praktiziert worden; so willigte auch in diesem Fall der Vatikan ein.

König Philipp II. wollte mit diesen Schritten endlich stabile Verhältnisse auf dem Problemfeld der spanischen Niederlande schaffen. »Alle Anstrengungen jedoch, um den Norden [der Niederlande] zum Anschluß an den Süden zu bewegen, schlugen fehl und mußten auch fehlschlagen, als nur die katholische Religion geduldet werden sollte; die Generalstaaten rüsteten sich sogar zum Kriege…« (Wenzelburger). Durch diesen politischen Schachzug atmete die geplagte Bevölkerung Brabants auf. »Die öffentliche Begeisterung war nicht ausschließlich das Ergebnis öffentlicher Planung. Die Erzherzöge selbst machten eine große Schau aus ihrem Einzug in die Niederlande, in die sie nicht als Eroberer, sondern als Herrscher kamen… In 71.20-Die-Prinzessinnen-240Alonso Sánchez Coelho: Die Prinzessinnen
Isabella und Katharina 1571
mehr als zwanzig Jahren erbitterter, ergebnisloser Kriegführung war es nicht gelungen, die rebellierenden protestantischen Provinzen im Norden zur Besinnung zu bringen. Jetzt war es seine Aufgabe, die ´gehorsamen´ Provinzen des Südens als solche zu erhalten. In Albert sah Philipp einen Habsburger Fürsten, der offenbar zwei schwer zu vereinende Eigenschaften verkörperte, nämlich Frömmigkeit und militärisches Können« (Simon Schama S. 98).


Der am Hof Philipp II. erzogene Albert VI. von Österreich wurde 1598 in das Amt des Statthalters eingesetzt und amtierte von Brüssel aus. Er widmete sich vor allem der Militärreform. Doch da Spanien sich vielfach auf Söldner stützte, blieben Erfolge aus. 1600 wurden seine Truppen bei Nieuwpoort geschlagen. Die Heirat mit Isabella, Philipps Lieblingstochter, fand schon 1599 statt; aber mangels Kindern kam nicht, wie geplant, eine Dynastie zustande, wie es Philipp II. sich so sehr gewünscht hatte.

71.20-Rubens 240--Isabella-Peter Paul Rubens zugeschrieben:
Isabella Clara Eugenia 1609.
National Gallery, London NG 3819
Diese »schöne und verständige Frau« tritt in dem späteren Gemälde von Peter Paul Rubens sehr würdevoll auf. Zeitlich ist eher mit dem Jungmädchen-Bildnis der beiden Schwestern von Alonso Sánchez Coello (ca. 1531─1588) am Hof von Valladolid ein Vergleich möglich. Sie hat auf beiden Bildern einen ebenmäßigen Gesichtsausdruck und bräunliche Haare. Künstlerisch fällt allerdings das besprochene Portrait stark ab gegenüber den Vergleichsbildern.

Isabella engagierte sich in den Niederlanden nach Kräften und soll vor allem die Belagerung von Oostende, die sich vier Jahre hinzog, durch ihre Anwesenheit zum endlichen Erfolg gebracht haben. Aber Albert starb nach zwölf Regierungsjahren 1621. In Spanien war gerade Philipp IV. an die Macht gekommen. Da nahm Isabella den Krieg gegen die ´Wassergeusen´ wieder auf. Zwar eroberte General Spinola 1625 Breda, heute noch in Erinnerung durch das großartige Gemälde Die Übergabe von Breda von Diego Velazquez. Anschließend gab es jedoch nur Rückschläge bei ihren Aktionen, so daß sie in Friedensverhandlungen einwilligte, die aber kein Ergebnis brachten und sich deswegen zerschlugen. Der kriegerische Konflikt zwischen den beiden Landesteilen gehörte zum tachtigjarige orloog. Deswegen wohl starb die resignierte Isabella 1633.


© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2020

Literatur
Bartolomé Benassar/Bernard Vincent: Spanien 16. Und 17. Jahrhundert. Stuttgart 1999
Simon Schama: Rembrandts Augen. Berlin 1999
K. Th. Wenzelburger. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 14. Berlin 1969

Bildnachweis
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(23.8.2015) google.de/imgres?imgurl=https://www.hampel-auctions.com/img/auktionen/A85/b/Hampel-82133003-e.jpg&imgrefurl=https://hampel-auctions.com/a/Ludger-tom-Ring-d-J-1522-Muenster-1584-Braunschweig-Art-Nachfolge-
https://de.wikipedia.org/wiki/Isabella_Clara_Eugenia_von_Spanien (23.8.2015)
wikipedia.org/wiki/Isabel_Clara_Eugenia_de_Austria (28.5.2020)
wikipedia.org/wiki/Isabella_Clara_Eugenia_von_Spanien#/media/File:Isabella_Rubens.jpg (5.9.2017)