Erstveröffentlichung

Unbekannter Künstler
Johannes Althusius

71.42-UK-Althensius 240Die Sammlung der Galleria Doria Pamphilj in Rom enthält unter dem Titel Ritratto di gentiluomo col guanto (Edelmann mit Handschuhen) das Portrait eines Juristen bürgerlicher Herkunft. Vermutet wurde bisher ein flämischer Künstler für das Bildnis (Öl auf Lw. █), so auch Wybrand Simonsz. de Geest (1592─1660). Es fand sich aber bisher kein Nachweis und vor allem niemand, der die im Bild enthaltenen Hinweise aufgriff, um die Identität des Dargestellten zu ermitteln.

Den Betrachter schaut ein schmales, strenges Gesicht an. Der schon ältere Mann trägt einen dunkelblonden, spitzen Vollbart und hat Geheimratsecken. Er trägt durchgehend schwarze Kleidung, die in einer weißen Halskrause endet. Seine linke Hand hat er in die Hüfte gestemmt, während die Rechte die Handschuhe umfaßt. Er stützt sich auf ein Möbel, das mit einem Orientteppich bedeckt ist ─ diese Art war seit den Brüdern Eyck am Niederrhein gängig.

Außer den Handschuhen, die für einen Juristen sprechen, gibt es als Hinweis eine Inschrift links oben:

ANNO 1622
AETATIS SVA 59

71.42-NEB 240Unbekannter Künstler: Frau Althusius. 1622Daraus ergibt sich, daß der Dargestellte im Jahr 1563 zur Welt kam. Forscht man in den küstennahen Landschaften der Nordsee nach, trifft man bald auf Jo(h)annes Althusius (1563─1638), einen namhaften Juristen, der aus dem Westerwald stammte. Sein Vater, Hans Althaus, arbeitete als Mühlenbesitzer und Wollaufkäufer für den Grafen Sayn-Wittgenstein. Er konnte es sich erlauben, seinen begabten Sohn studieren zu lassen. Ab 1577 besuchte dieser in Marburg das Gymnasium, ging dann aber zum Studium nach Köln. Als er sich für Jura entschieden hatte, studierte er in Basel. 1586 wurde er dort promoviert. Seine Abschlußarbeit De arte Jurisprudentiae Romanae methodice digestae libri II wurde in Basel gedruckt und verschaffte ihm einen Lehrstuhl an der nassauischen Hohen Schule in Herborn, die calvinistisch orientiert war. Zugleich beriet er den Landesherrn, den Bruder von Wilhelm von Oranien, Graf Johann VI.

In der Zeit dort schrieb er die Fortsetzung seines Themas, die 1618 in Frankfurt im Druck erschien. »Es sind volltändige Systeme des Römischen Rechts in einer knappen dialektischen Form, welche sie von den meisten gleichzeitigen Versuchen ähnlicher Art unterscheidet« (v. Stintzing). 1601 wurde er als Syndikus von der Stadt Emden geholt und wurde 1627 dort Senior des Kirchenrats. »Er polemisirt mehrfach gegen Bodin und berührt sich übereinstimmend mit H. Languet… Seinen politischen Maximen gemäß ist er ein eifriger Verfechter der Rechte Emdens in den langjährigen Streitigkeiten und Kämpfen mit den Grafen von Ostfriesland« (v. Stintzing).

Über das Privatleben von Althusius liegen fast keine Nachrichten vor, nicht einmal der Zeitpunkt, wann er geheiratet hat. Sein Alter läßt aber auch nicht annehmen, daß er im Jahr seines Portraits geheiratet hat. Bedauerlich ist vor allem, daß nicht einmal mehr der Name seiner Frau bekannt ist.


71.42-NEBJean-Jacques Boissard :
Johannes Althusius. Kupferstich 1650
Sein Hauptwerk, die Politica Methodice Digesta, erschien 1603 und erwies sich als souverän, »welches Buch ihn sehr berühmt und bekannt gemacht, weil er in demselben die höchste Gewalt dem Volcke beygelegt« (Zedler). Weitere Arbeiten wurden nach seinem Tod von seinem Vetter Philipp Althusius herausgegeben.

Daß das vorliegende Portrait tatsächlich Johannes Althusius darstellt, wird durch das Vergleichsportrait aus der Bibliotheca chalcographica bestätigt.

© Christoph Wilhelmi Stuttgart 2019


Literatur
Eduard Safarik/Giorgio Torselli: La Galleria Doria Pamphilij. Roma 1982
Roderich von Stinzing. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. I  Berlin 1967
Johann Heinrich Zedler: Das Grosse vollständige Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste. Leipzig 1732-54

Bildnachweise
Eduard Safarik/Giorgio Torselli: La Galleria Doria Pamphilij. Roma 1982 Abb.180/81
wikipedia.org/wiki/Johannes_Althusius#/media/File:JohannesAlthusius.png (8.8.2028)