Bartholomäus Bruyn d.Ä.

Johann Strubbe


12.21-Bruyn-dA-Strubbe-240Das durch Hans Holbein d.J. für Portraits beliebt gewordene Rundbild, dort vorwiegend als Miniatur, kommt auch im Œuvre von Bartholomäus Bruyn d. Ä. vor. Es bleibt in seinem Werk aber eine Minderheit, weil es wohl nur auf ausdrücklichen Wunsch gefertigt wurde, und tritt bei ihm erst Ende der dreißiger Jahre auf.


Das hier zur Diskussion stehende Bildnis eines jungen Mannes (Öl auf Holz 14 cm Durchmesser. Gemäldegalerie, Berlin. 1539 datiert) befand sich früher in einer Grazer Privatsammlung, bevor es von den Staatlichen Museen, Berlin, übernommen wurde. Die Gemäldegalerie als Rechtsnachfolgerin listet es in ihrem Katalog 1989 jedoch nicht auf. Bei Westhoff-Krummacher trägt es die Nummer 42.

Das Rundbild zeigt einen nachdenklichen jungen Mann, der in der Rechten zusammengerollte Handschuhe vorweist. Auf seine familiäre Herkunft weist ein über der rechten Schulter angebrachtes, geteiltes Wappen mit einem Büffelhorn hin. Doch Westhoff-Krummacher (S. 129) »konnte das Wappen weder bei Fahne noch bei von der Ketten finden«. Auch Rietstap kennt es nicht im Zusammenhang mit dem Namen.

Infolgedessen kann sich die Ermittlung der Person nur auf die Datierung (bzw. Eingrenzung des Geburtsjahrs) und die Annahme stützen, daß auch in diesem Fall die Handschuhe auf einen Juristen deuten. Wenn außerdem die Vermutung zutrifft, das kleine Bild sei 1539 aus Anlaß eines Examens und/oder zu einer Brautwerbung gemalt worden, kommt vor allem eine Person aus dem Kreis der Erasmianer infrage: Johann Strubbe ( 1558).

Auch von dieser Person fehlt das Geburtsjahr. Überliefert ist jedoch, daß Strubbe, aus Lennep gebürtig, sich im Oktober 1531 an der Kölner Artistenfakultät immatrikulieren ließ. Er fand Aufnahme in der Laurentianaburse. Das übliche Alter für den Studienbeginn abgerechnet muß er 1515 geboren sein. Das Grundstudium absolvierte er zusammen mit einem späteren Historiker, Johann Glandorp.

Nach seiner Magisterprüfung belegte Strubbe das Fach Jura. Dabei war er Stipendiat der Kronenburse. Daraus läßt sich schliessen: Er kam also aus einer nicht begüterten Familie. Offenbar war er durch seine Begabung aufgefallen. 1539 ─ also im Jahr des Portraitauftrags ─ schloß er das Zivilrecht mit dem Licentiat ab. Daß er unmittelbar anschliessend von der Universität eine Lehrerlaubnis bekam, bestätigt die vorausgegangene Annahme. Für die Identifizierung des Portraits als einer Darstellung von Johann Strubbe ist das Zusammenfallen von Bildauftrag und Licentiat.

Erwähnt wurden bereits die Erasmianer (s. Beitrag Bruyn, Frechen, und Essay Die Portraits des Bartholomäus Bruyn). So nimmt es nicht wunder, daß Strubbe sich mit dem Hofarzt des Erzbischofs Hermann von Wied, Gisbert Longolius (s. Beitrag Bruyn, Longolius), anfreundete. Beide stimmten wahrscheinlich in der Überzeugung überein, daß Reformen im öffentlichen wie im kirchlichen Bereich dringlich erforderlich seien. Beide traf deshalb auch das gleiche Schicksal: »Wegen seiner protestantischen Gesinnung wurde er jedoch 1542 vom Kölner Rat entlassen. Strubbe ging gemeinsam mit Longolius nach Rostock und arbeitete an der dortigen Universität als Rechtslehrer. 1544 wählte man ihn zum Rektor« (Kloosterhuis S. 672).

Durch seine Tätigkeit in der namhaften Hansestadt Rostock strahlte sein Ansehen auf die anderen Hanse-Städte im Ostseeraum aus. So wurde er 1551 vom Rat der Stadt Lübeck, der führenden Hansestadt, engagiert und war später auch für die Hansestadt Hamburg tätig, die Verhandlungen mit England zu führen hatte.

1558 starb Strubbe im Dienst des Königs Christian III. von Dänemark. Dieses Engagement verwundert aus zwei Gründen nicht. Zum einen gehörte Lübeck u.a. zu den Städten, die Christian III.(1503─1559) gegen den Vorgänger Christian II. (1481─1559) zur Macht in Dänemark (damals noch eine Großmacht) verholfen hatte (vgl. Beitrag Cranach, Albrecht I.); zum anderen war Christian III. ein erklärter Gegner von Kaiser Karl V., welcher Christian II. aus verwandtschaftlichen Gründen protegiert hatte und an die Macht zurückbringen wollte.

© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2017

Literatur
Elisabeth M. Kloosterhuis: Erasmusjünger als politische Reformer: Humanismusideal und Herrschaftspraxis am Niederrhein im 16. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2006
Hildegard Westhoff-Krummacher: Barthel Bruyn d. Ä. als Bildnismaler. München 1965

Bildnachweis
Hildegard Westhoff-Krummacher: Barthel Bruyn d. Ä. als Bildnismaler. München 1965 S. 131