Domenico Tintoretto
Ercole Corso

69.01Tinroretto-Dom-RinaldoErcole-Corso 240Die Identität des Jungen in dem reizvollen Vater/Sohn-Portrait von Domenico Tintoretto (1560 ─ 1635) gelang nur über die Ermittlung des Vaters, Rinaldo Corso, und dessen Lebensgeschichte. (s. Beitrag Domenico Tintoretto: Rinaldo Corso). Dem Sohn Ercole gehört das linke Drittel des Gemäldes Porträt eines Edelmanns mit seinem Sohn (Öl auf Lw. 73 x 86 cm. Liechtenstein Museum, Wien G.E 230).

Der streng in Schwarz gekleidete Vater ─ damit deutlich der Gegenreformation zugehörig ─ legt stolz seine rechte Hand auf seinen Sohn. Dieser steht brav neben seinem Vater und hält dabei ein offenes Buch an sich. Der 8-10jährige Sohn schaut recht ernsthaft nach rechts. Er hält mit der Rechten die aufgeschlagene Ausgabe von Vergils Eklogen (früher Bucolica). Das geht aus der rechten Buchseite hervor. Damit demonstriert er, schon frühzeitig eine humanistische Bildung erhalten zu haben. Offenbar war der Vater zugleich sein Lehrer.

Daß bei dieser Familienszene die Mutter fehlt, macht stutzig, ist aber aus der Familiensituation zu erklären. Man weiß allerdings, daß der Vater 1580 Ercole hat legitimieren lassen. Rinaldo Corso hat sich im Rahmen seiner Übersetzertätigkeit selbst intensiv mit Vergil beschäftigt und 1564 eine Übersetzung der Pastorali in Ancona herausgegeben.

Sehr wahrscheinlich ist, daß der Weinstock im Gemälde auf den biblischen Vers zielt: »Ich bin der rechte Weinstock und mein Vater der Weingärtner«. Somit ist das Gemälde metaphorisch unterlegt. Jedenfalls bildet sich darin die von Tintoretto dargestellte Rolle des Sohns ab.

© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2021

Literatur
G. Romei. In: Dizionario Biografico degli Italiani. Vol. 29 Roma 1983
Paola Rossi: Tintoretto. I Ritratti. Venezia 1972

Bildnachweise
Liechtenstein Museum Wien. Die Sammlungen. München o. J. S. 174