Erstveröffentlichung

Jakob Elsner

Albrecht Im Hoff

27.01-Hoff 240Von der Hand des Künstlers Jakob Elsner (ca.1460/65─1517) haben eine Reihe von posthumen Bildnissen von Teilnehmern des Konstanzer Konzils 1414─1418 die Jahrhunderte überdauert. Sie zeigen originelle Gesichter und keine ´Persönlichkeitsmasken´. Trotzdem wird Elsner, der Miniaturmaler, Brief- und Schachtelmaler, als nachrangiger Künstler angesehen und z. B. nicht im Künstlerlexikon von Robert Darmstaedter erwähnt. Dabei wurde eines seiner Portraits, »das Bildnis eines Jünglings (s. Beitrag Elsner: J. L. Decius/Dietz), einmal ernstlich Albrecht Dürer zugeschrieben« (Ernst Buchner S. 141). Sein frühstes Portrait stammt von 1486 und zeigt Conrad Imhoff.

Jakob Elsner war an verschiedenen Orten tätig, hauptsächlich jedoch in Nürnberg. »Elsner war Konterfetter und Illuminist und malte goldene Initialen als Hintergrunddekor seiner Portraits« (Buchner Taf. 158). Das Bildnis eines Mannes (Pergament auf Eiche, 39,3 x 28 cm. Landesmuseum Hannover KM 39) weist im Oberteil des Portraits die Datierung 1507 und in Mundhöhe die für Elsner charakteristischen Fraktur-Initialen AIH aus. Trotzdem wurde das Werk 1930 von Baldass dem Œuvre des Leonhard Beck zugewiesen. Seit 1992 ist man zu der Analyse von Habicht zurückgekehrt, der es Elsner zugeschrieben hatte. Habicht machte jedoch den Fehler, die Fraktur-Initialen falsch zu lesen und zwar als AIK. Durch diese Lesart war lange Zeit der Weg zur Identifikation versperrt. Elsner hatte 1499 ein Portrait des Nürnbergers Jörg Kötzler/Ketzler (Öl auf Leinwand, 36 x 25 cm. Germanisches Nationalmuseum Gm 884) geschaffen, das er auf der Rückseite mit ausführlichen Angaben versah. Für den Namen stehen auf der Vorderseite die Initialen IK. Der bildliche Unterschied zwischen den Buchstaben H und K hätte bei der Gelegenheit ins Auge springen können, wurde aber ignoriert. So blieb es bis heute bei der Etikettierung, da auch nach 1917 niemand auffiel, daß auf dem besprochenen Portrait ganz rechts ein H, aber kein K steht. Nun, nachdem der Irrtum aufgeklärt war, führte die Auflösung relativ rasch zum Ziel. Der infrage kommende Nürnberger ist Albrecht Im Hoff.

Es gibt noch ein zweites Werk von Elsner, das einen Vertreter der Familie Imhoff (wie sie sich schon seit Jahrhunderten schreibt), vorstellt: Bildnistriptychon Conrad Imhoff (Öl auf Lindenholz, Mittelstück 18,2 x 13,9 cm. Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München). Darin tritt ein ganz anderer Typus auf: robust, energisch, durchsetzungsfähig, als der zur Sprache kommende Dargestellte, der eher als verhalten zu bezeichnen ist: Albrecht Imhoff. Aber auch in diesem Bildnis schreibt noch der Künstler den Namen in zwei Wörtern: IM HOFF. Der Familienname wurde auch noch 1579 im Fall des Senators Andreas II Im Hoff (1491─1579) getrennt geschrieben. Im 20.Jahrhundert verfaßte ein Christoph mit dem Namen Imhoff den Band Berühmte Nürnberger (Nürnberg 1989), in dem jedoch der Porträtierte nicht vorkommt.

Albrecht Im Hoff war ein Verwandter des berühmten Humanisten, Ratsherrn und Dürerfreunds Willibald Pirckheimer (1470─1530), gehörte aber nicht zu den bekannten Vertretern dieses Patriziergeschlechts, das die Politik der reichen Kaufmannsstadt damals mitbestimmte. Vermögend scheint Albrecht jedoch gewesen zu sein. Das läßt sich an dem breiten Pelz und dem Ring am linken Zeigefinger ablesen. Auch konnte er sich ein Portrait leisten. Offenbar ging er relativ unauffällig seinen Geschäften nach, denn von seiner Person wurde nichts in den einschlägigen Berichten überliefert. Daher mußte das Stadtarchiv Nürnberg bemüht werden, das aber auf Grund des geschätzten Geburtsjahrs und den Initialen AIH folgendes mitteilen konnte: » Zu den Imhoff kann ich nur einen Albrecht nachweisen, Sohn von Christian Imhoff ( 1466) und Clara geb. Prünsterer ( 1499). Er war mit einer bislang unbekannten Anna verheiratet, die 1504 im April starb. Albrecht ist bislang von 1487 bis 1507 nachzuweisen und trat offenbar 1507 ins Kloster Münsterschwarzach ein. Er sollte damals mindestens 41 und höchstens 55/56 Jahre alt gewesen sein. Er scheint bislang nicht in der Literatur vorzukommen (nicht in Biedermann)« (Dr. Bauernfeind StadtAN GSI 180 vom 29.10.2013).

Das vorliegende Portrait war deshalb dem Stadtarchiv nicht als Bildnis des Albrecht Imhoff bekannt. Es verblüfft jedoch sowohl die Jahreszahl 1507 für den Dargestellten, denn sie ist der Zeitpunkt für seinen Portraitauftrag, als auch daß die Person nach 1507 im Kloster verbracht haben soll. Fast ist fast zu vermuten, mit dieser Information sollte ein ganz anderer Lebensverlauf kaschiert werden z. B. ein Konkurs. Albrecht Im Hoffs Physiognomie spricht außerdem nicht für einen exzentrischen Menschen, der unvermittelt seine Entscheidungen verändert. Der Notiz nach war Albrecht rd. 25 Jahre seinen lohnenden Geschäften nachgegangen. Daß seine Garderobe für einen Kaufmann spricht, bestätigt Lisa Jardine bei der Analyse zweier anderer Portraits der Zeit: »Das pelzgefütterte Gewand aus dunklem, robusten Tuch deutet auf einen Kaufmann« (S. 39). Die Autorin schlägt in dem Zusammenhang den Bogen zur überragenden Gestalt im Europa der Renaissance: »Das Metsys-Porträt zeigt Erasmus jedoch in einem pelzgefütterten, feinen schwarzen Wollgewand mit der geräumigen Kaufmannsbörse gut sichtbar umgehängt. Hier verbündet sich ein Mann, der sich deutlich seines ´Image´ bewußt ist, bildlich mit den Herren der irdischen Güter, den Kaufleuten, deren Welt aus Handel, Geld und Waren besteht (S. 41).

Da um diese Zeit die Welt des Geldes mit der vorherrschenden Konfession aufs Engste verzahnt war ─ man denke an die Ablaßgeschäfte, wird der Schritt von Albrecht Im Hoff ins Kloster weniger rätselhaft. Für ihn waren möglicherweise Vereinsamung nach dem Tod seiner Frau und das Sinnloswerden der Vermögensvermehrung maßgebend. Da die Attribute dazu fehlen, kann ein Brautwerbebild ausgeschlossen werden. Aber was für Nonnen als Braut Jesu galt, mag analog aus tiefer Frömmigkeit auch für Albrecht entscheidend gewesen sein: Er brachte sein Vermögen ins Kloster ein. Der Ring am Zeigefinger spricht immerhin von einer Liegenschaft in seinem Besitz, die für das Kloster attraktiv gewesen wäre. Damit ist das Portrait als Stifter-Portrait einzustufen.
 
© Christoph Wilhelmi, Stuttgart 2019

Literatur
Ernst Buchner: Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit. Berlin 1953
Lisa Jardine: Der Glanz der Renaissance. München 1996
Stadtarchiv Nürnberg: StadtAN GSI 180 (schriftl. Mitteilung)
Michael Wolfsohn (Hg.): Die deutschen und niederländischen Gemälde bis 1550. Niedersächsisches Landesmuseum. Hannover 1992

Bildnachweis
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