Anmerkung zu Beiträge zur Profilierung des Werks von Lucas Cranach d. J. / Aktuell Nr. 7 September 2015

Lucas Cranach d. J. stand bis in unsere Zeit im Schatten seines berühmten Vaters. »Auch wenn Cranach d. J. sich nie ganz vom Vorbild und den übermittelten Formeln des Vaters zu lösen vermochte, gelang es ihm dennoch, persönliche stilistische Eigenarten auszuprägen: die Erscheinung der Porträtierten hat sich von der spätmittelalterlichen Distanz gelöst. Sie sind dem Betrachter näher gerückt…« (Edeltraut Rettich/Rüdiger Klapproth: Alte Meister. Stuttgart 1992). Aber es gibt bis heute keine Künstlermonographie über ihn. Im Lexikon der Kunst (Seemann-Verlag) kommt ihm nicht einmal ein eigener Artikel zu; er wird nur am Schluß des Artikels über seinen Vater mit wenigen Zeilen und der Aussage abgespeist, daß er ab 1553 die Cranach-Werkstatt leitete.

Die Landesausstellung Sachsen-Anhalt versucht derzeit, dies durch eine, auf mehrere Orte verteilte Ausstellung zu ändern, zumal Cranach d. J. eine wichtige Rolle bei der Öffentlichkeitsarbeit für die Ausbreitung der lutherischen Reformation spielte. Dabei trat er zeitlebens hinter seinen Vater zurück mit der Folgeerscheinung, daß bis heute nicht geklärt ist, welches Œuvre ihm eigentlich zukommt. Ganz ähnlich verhielt es sich auch mit Bartholomäus Bruyn d. J. Beiden Porträtisten ist aber eine Tendenz zur Distanziertheit und Versachlichung eigen, die neuerdings wieder geschätzt wird. Das Œuvre beider Söhne bedarf einer Aufarbeitung, zumal es auch etliche Portraits ohne Angaben ihrer Identität gibt.

Vor einem Jahr wurde hier der Anfang gemacht mit der Offenlegung eines Portraitpaars von Lucas Cranach d.J. in der Eremitage: Herzog Albrecht I. von Preußen und seiner Frau Dorothea von Dänemark. Jetzt folgen zwei weitere Portraitpaare: der Humanist Michael Beuther und seine Frau, Margarete Reuss, sowie Graf Philipp von Waldeck-Wildungen und seine Frau, Gräfin Katharina von Hatzfeld. Letztere Bilder haben eine etwas abenteuerliche Geschichte ihrer Bewertung bzw. Einordnung hinter sich, welche nun durch die Identifizierung endlich abgestreift werden kann.

Christoph Wilhelmi, September 2015